Eine Liebeserklärung der anderen Art

Petra und Gerhard Zwerger-Schoner verschlägt es immer wieder in die menschenleeren Gegenden Neuseelands. Hier fangen sie ihre Liebe zur Natur in Bildern ein. Und sagen damit mehr als 1000 Worte.

Ausgabe: Nr. 136     Text: Petra Zwerger-Schoner    Fotos: Gerhard Zwerger-Schoner

Neuseeland verursacht Gefühlsausbrüche, es macht lebendig und erdet, es zaubert uns auch bei tief verhangenem Himmel ein Lächeln ins Gesicht, es inspiriert die Sinne. Unsere vielen Reisen in aller Welt haben uns immer neue, intensive, grossartige Erfahrungen geschenkt, aber Neuseeland ist mehr. Wir wissen nicht genau, was es mit diesen beiden Inseln im Pazifik auf sich hat, warum sie derart auf uns wirken. Was wir aber wissen: Neuseeland berührt uns im tiefsten Inneren.

Die Seele des Landes sind die offenen, freundlichen und oft wunderbar schrägen Einwohner, die Kiwis, wie sie sich selbst nennen. 4,5 Millionen von ihnen besiedeln eine Fläche fast siebenmal so gross wie die Schweiz. Das Land ist sehr dünn besiedelt. Dazu kommt, dass mehr als die Hälfte der Menschen in Städten wohnt, im ländlichen «Aotearoa»* ist wenig los. Wir sind diesen menschenleeren Landschaften verfallen. Was gibt es Schöneres, als stundenlang an einem einsamen Strand die Gedanken wandern zu lassen? Oder von einem Berggipfel die unendliche Weite in sich aufzusaugen? Durch Regenwälder zu streifen, in absoluter Stille, nur hie und da das Zwitschern eines Vogels zu hören? Die Einsamkeit fühlt sich gut an: innehalten und nur den eigenen Atem spüren. Ruhe macht sich breit. Paradiesisch!

Menschenleer heisst jedoch nicht zwangsläufig unbewohnt, denn eine ganze Menge kurioser Tiere bevölkert Neuseeland. Allen voran natürlich der Kiwi. Der Vogel ist das Wahrzeichen des Inselstaates. Das Glück, ihm in freier Wildbahn zu begegnen, ist nur wenigen hold. Eine Reihe ausgezeichneter Aufzuchtstationen bietet die perfekte Möglichkeit, mehr über den flugunfähigen Sympathieträger zu erfahren.

Im Otohoranga Kiwi House begegnen wir Eric, den wir am Ende fast mehr ins Herz schliessen als das kleine Kiwijunge, das er liebevoll in seinen Händen hält. Seit fast 40 Jahren kümmert er sich um die vom Aussterben bedrohten Kiwiarten. Beiläufig erwähnt er, dass er früher Zoodirektor war und sich um 40 Tiger und Löwen gekümmert hat. Auf die Frage, was ihn denn an den kleinen Vögeln so fasziniert, dass er den Job gewechselt hat, meint er ganz trocken: «Es ist sicherer, viel sicherer!», und beginnt schallend zu lachen.

Unsere Lieblinge aus der Vogelwelt, die endemischen Gelbaugenpinguine, sind an Niedlichkeit kaum zu übertreffen. Allein ihr Modeempfinden bringt uns zum Schmunzeln, denn wer kombiniert schon einen Frack mit rosa Schuhen? An ihnen sieht die Kombination einfach umwerfend aus. Gemütlich und unendlich langsam watscheln sie zur Küste. Fast könnte man meinen, sie hätten so gar keine Lust, in die kühlen Fluten zu springen. Gebannt sitzen wir da und beobachten sie, ganz ruhig und leise, um sie auf dem Weg ins Meer nicht zu stören. Eines der Kerlchen kommt immer näher, es nimmt absolut keine Notiz von uns. Niemals hätten wir zu träumen gewagt, einen Pinguin aus nur zwei Metern Entfernung beobachten zu können. Es verschlägt uns den Atem – oder besser: Wir halten ihn an, als ob wir die Zeit damit stoppen könnten.

Atemlos stehen wir manchmal auch in dieser endlos wirkenden Weite. Es ist kaum zu fassen, welch einzigartige Landschaftsformen auf so wenig Raum Platz finden, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Gletscher und Vulkane, Regenwälder und Sanddünen, schroffe Berge und liebliche Hügellandschaften. Nicht zu vergessen: das allgegenwärtige Wasser. Flüsse fressen sich durch das Gestein und stürzen als rauschende Wasserfälle ins Tal. Makellos spiegelt sich die Umgebung in zahlreichen Seen. Tosend trifft das Meer auf die Steilküste, oder Wellen umspülen sanft kugelrunde Felsen.

Neben der landschaftlichen Schönheit Neuseelands ist es auch die Kultur der Maori – mit all ihrer Mystik –, die nicht spurlos an uns vorübergegangen ist. Eines Tages wandern wir durch die Wälder des Waipoua Forest, auf der Suche nach einem ganz besonderen Kauri-Baum, Tane Mahuta, dem Gott des Waldes. Wir nähern uns über einen Holzpfad, als ein zarter Gesang ertönt. Vor dem Baum steht ein Maori und singt für seinen Gott ein ergreifendes Loblied. Gänsehaut überzieht unseren Körper noch heute, wenn wir nur daran denken. Und für einen kurzen Augenblick sind wir wieder dort, im Land der langen weissen Wolke.

* Aotearoa ist die Maori-Bezeichnung für Neuseeland und bedeutet übersetzt «Land der langen weissen Wolke».

Über die Autoren

Petra (51) und Gerhard Zwerger-Schoner (51) sind professionelle Reisejournalisten und Filmemacher und haben vor 20 Jahren ihren Traum zum Beruf gemacht. Ihre Arbeit bringt sie nicht nur an die spannendsten Plätze der Welt, sondern auch auf grosse Vortragsbühnen im deutschsprachigen Raum. Seit 2015 ­begeistern die Tiroler auch mit Kinofilmen das Publikum. Sowohl ihre Länderreportagen als auch ihre exklu­siven Kalender wurden mehrfach ausgezeichnet.

www.zwerger-schoner.at

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